Gestern wurde das neue Mobilitätsgesetz in Berlin verabschiedet, trotz kritischer Stimmen von der Opposition setzte Rot-Rot-Grün sich durch.

Kritische Stimmen aus der Opposition zum Mobilitätsgesetz

Freie Bahn und neue Freiheit für Radfahrer in Berlin? Ganz so einfach ist es dann doch nicht, aber mit dem gestern verabschiedeten Mobilitätsgesetz in Berlin, soll mehr Sicherheit für Radler auf Berlins Straßen kommen. Dem Fahrrad soll mehr Platz eingeräumt werden, es sollen mehr Radwege entstehen und neue Fahrradstellplätze geschaffen werden.
In der Praxis soll das so aussehen: Es sollen deutlich mehr Radwege entstehen, darunter um die 100 Kilometer Radschnellweg. Bis zum Jahr 2025 sind rund 100.000 Fahrradstellplätze geplant, gefährliche Kreuzungen sollen umgebaut werden.
Kritische Stimmen kommen aus der Opposition: „Das Mobilitätsgesetz läutet das Ende der Autoprivilegierten Stadt ein“, lautete die Aussage der Verkehrssenatorin Regine Günther von den Parteilosen. Auch die AFD kritisierte, dass der Autoverkehr nicht berücksichtigt worden sei. Die CDU ist ebenfalls der Meinung, dass die Autofahrer vernachlässigt worden seien und es Rot-Rot-Grün nur um den fahrradfahrenden Wähler gehen würde.

Die SPD verweist auf Bürgerinitiative für ein sicheres Berlin

Die Berliner SPD betonte an der Stelle noch einmal, dass das Gesetz seinen Anfang in der Zivilgesellschaft genommen habe – mit dem Volksentscheid Fahrrad, der mehr als 100.000 Unterschriften für eine fahrradfreundlichere Verkehrspolitik sammelte. Die SPD Fraktion warnt davor, die einzelnen Verkehrsteilnehmer gegeneinander auszuspielen. „Es darf zu keinem Kulturkampf kommen, wir sind weder eine reine Autostadt, noch eine reine Fahrradstadt.“ Betont der verkehrspolitische Sprecher, Tino Schopf.
Der Berliner Landesvorsitzende, Werner Graf, hat laut Mitteilung eine klare Meinung: „Wir wollen Berlin zu einer Stadt machen, in der Menschen schneller von A nach B kommen, in der es keine Verkehrstoten oder Schwerverletzten gibt und in der die Luft und Umweltverschmutzung der Vergangenheit angehört.“ Die Straßen sollten für alle Menschen sicher und komfortabel sein, egal ob sie zu Fuß, mit dem Rad, Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind.
 
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Die Situation für Fahrradfahrer auf Berlins Straßen ist aktuell nicht besonders sicher.
 

Diese Änderungen sollen für ein besseres Miteinander auf Berlins Straßen sorgen:

Paragraf 4, Absatz 3: „Durch die Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur und durch möglichst geringe Rauminanspruchnahme des fließenden und ruhenden Verkehrs soll die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums und die Lebensqualität in der Stadt verbessert werden.“
Paragraf 4, Absatz 5: „Bei Neuanlage und grundlegender Umgestaltung von Straßen und Plätzen soll geprüft werden, ob und inwieweit diese nach Zweckbestimmung und Ausgestaltung als Ort der Begegnung, des Verweilens, der Erholung, der Kommunikation und des Spielens genutzt werden können.“
Paragraf 5, Absatz 1: „ Durch Steigerung der Leistungsfähigkeit und Attraktivität der Verkehre des Umweltverbundes soll dessen Anteil an den zurückgelegten Wegen gesteigert werden.“
Paragraf 10, Absätze 1-3: „Alle Menschen sollen unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel sicher an ihrem ziel ankommen. Gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt zwischen allen Verkehr Teilnehmenden sind als wesentliche Grundlagen der Verkehrssicherheit zu fördern. Ziel ist, dass sich im Berliner Stadtgebiet keine Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden ereignen. Diese „Vision Zero“ ist Leitlinie für alle Planungen, Standards und Maßnahmen mit Einfluss auf die Entwicklung der Verkehrssicherheit.“
Paragraf 21, Absatz 2: „nach jedem Unfall mit Verkehrstoten an einem Knotenpunkt soll von der für Verkehrssicherheit im betreffenden Fall zuständigen Stelle unverzüglich geprüft werden, ob Maßnahmen kurz-, mittel- und langfristig ergriffen werden können, um weitere Unfälle mit Personenschaden zu vermeiden.“
Paragraf 21, Absatz 1: „Anzustreben ist eine selbsterklärende und verkehrssichere Verkehrsinfrastruktur, die regelkonformes Verhalten fördert und voraussetzt.“
Paragraf 21, Absatz 3: „Im ersten Jahr nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sollen mindestens zehn, im Folgejahr mindestens zwanzig und danach jährlich mindestens dreißig der nach dem Merkblatt der Unfallkommission ermittelten gefährlichsten Knotenpunkte mit den höchsten Häufungen an Unfällen mit verletzten  beziehungsweise schwer verletzten Personen so verändert werden, dass die Gefahrenquellen bestmöglich beseitigt werden und eine Erhöhung der Verkehrssicherheit sichergestellt ist.“
Paragraf 21, Absatz 4: „Die Fahrradstaffel der Berliner Polizei wird sukzessive ausgebaut.“
Paragraf 22, Absatz 1: „Eine möglichst sichere sowie behinderungs- und störungsfreie Nutzbarkeit von Gehwegen, Fahrwegen des Radverkehrs und von Fahrwegen und Haltestellen des ÖPNV sowie von Liefer- und Ladezonen soll gewährleistet werden.“
Paragraf 23, Absatz 2: „Das Verkehrsunternehmen ist berechtigt, Fahrzeuge zur Räumung von Bussonderfahrstreifen, Haltestellenbereichen und Straßenbahngleisen umzusetzen.“
Paragraf 25, Absatz 10: „Damit der öffentliche Personennahverkehr seiner Vorreiterfunktion gerecht wird, soll bis spätestens 2030 schrittweise auf einen vollständigen Betrieb mit alternativen Antrieben beziehungsweise nicht-fossilen Antriebsenergien inklusive der Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen umgestellt werden.“
Paragraf 42, Absatz 1: „Auf oder an allen Hauptverkehrsstraßen sollen Radverkehrsanlagen mit erschütterungsarmem, gut befahrbarem Belag in sicherem Abstand zu parkenden Kraftfahrzeugen und ausreichender Breite eingerichtet werden. Diese sollen so gestaltet werden, dass sich Radfahrende sicher überholen können. Aus Sicherheitsgründen sollte sowohl auf gemeinsam geführte Geh- und Rad-wege als auch auf zur Nutzung durch den Radverkehr freigegebene Gehwege möglichst verzichtet werden. Bei Radwegen auf Gehwegniveau ist auf eine für alle klar erkennbare Trennung von Radweg und Gehweg zu achten.“
Paragraf 44, Absatz 2: „Es sollen mindestens 100 km Radschnellverbindungen errichtet werden. Die Mindestlänge von Radschnellverbindungen soll möglichst fünf Kilometer betragen. Sie kann in mehreren Bauabschnitten erreicht werden.“
Paragraf 46, Absatz 5: „Bis 2025 sollen 50.000 Fahrradstellplätze an den Stationen und Haltestellen des Nahverkehrs sowie weitere 50.000 Fahrradstellplätze im öffentlichen Raum, insbesondere an sozialen und kulturellen Einrichtungen, an Schulen und Einzelhandels Geschäften, eingerichtet werden. An wichtigen Regionalbahnhöfen sowie wichtigen Stationen und Haltestellen des Nahverkehrs sollen innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Fahrradparkhäuser und Fahrradstationen erstellt werden.“
Paragraf 47: „Mängel, die Radfahrende erheblich gefährden, sollen soweit möglich unverzüglich beseitigt werden. Ist dies nicht möglich, sollen Sicherungsmaßnahmen vorgenommen und alternative Angebote für den Radverkehr hergestellt werden. Sonstige Mängel sollen möglichst innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis beseitigt werden.“

Aktuell nur gültig für Berlin, eine Ausweitung ist aber in Sicht

Zur Zeit gilt das Mobilitätsgesetz nur in Berlin. Der Volksentscheid in der Hauptstadt war aber Anstoß für andere Städte dem Beispiel zu folgen. So gibt es unter anderem in Hamburg, Stuttgart und München Initiativen, die einen Bürgerentscheid für eine fahrradfreundliche Politik anstreben. Wir von RADONLINE werden dies im Auge behalten und weiter darüber berichten.
 
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Dieses Bild am Berliner Tiergarten könnte bald der Vergangenheit angehören, eine klare räumliche Trennung der einzelnen Verkehrsteilnehmer ist geplant.